Die Macht der Worte ist nicht zu unterschätzen. Mit der Andeutung, dass die amerikanische Notenbank in absehbarer Zukunft keine weiteren Zinsschritte unternehmen werde, hat der Vorsitzende der Fed den Märkten ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk gemacht. Sie zogen nach seiner Rede stark an. Da auch die börsennotierte Immobilienaktien kräftig zulegten, stufen wir die Aussichten der Immobilien-Investmentgesellschaften (Real Estate Investment Trusts, kurz REITs) für 2024 positiv ein und sehen an den globalen Märkten weiterhin attraktive Anlagechancen für Wohn-REITs. Ihnen dürften die demografischen Trends, der Wohnungsmangel in den meisten globalen Märkten, der sich in den kommenden Jahren vermutlich weiter verschärfen wird, und die Nachfrage nach erschwinglichen und gut verwalteten Mietwohnungen Auftrieb geben.
Während der direkte (nicht börsennotierte) Gewerbeimmobilienmarkt immer wieder für Schlagzeilen sorgt und teilweise viel Zeit braucht, die Bewertungen dem verändernden makroökonomischen Kontext anzupassen, wird der börsennotierte Immobilienmarkt an den globalen Börsen täglich neu bewertet und hat folglich zukunftsorientiert bereits auf die Anhebung der Zinsen und ihre negativen Auswirkungen auf den Wert der zugrunde liegenden Immobilien reagiert. Als Folge davon wurden REITs mit erheblichen Abschlägen gegenüber nicht börsennotierten Immobilienwerten gehandelt, da sie die Zinserhöhungen bereits eingepreist hatten. Eine Trendumkehr würde somit in erster Linie dem REIT-Markt zugutekommen.
Die US-Wohn-REITs (Bloomberg Residential REIT Index) zum Beispiel scheinen trotz der jüngsten Kursgewinne im Verhältnis zu den Immobilienpreisen auf dem Privatmarkt, die sich nach den neusten Transaktionen richten, immer noch unterbewertet zu sein. REITs mit Fokus auf Wohnungen werden derzeit mit einem Abschlag von rund 17% auf den geschätzten Nettovermögenswert (NIW) gehandelt, REITs mit Fokus auf Miet-Einfamilienhäusern sogar mit einem Abschlag von rund 20%. (Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung.)
Durchschnittliche Prämie/Abschlag auf den Nettoinventarwert (NIW) der Wohnimmobilien in den USA
Quelle: Bloomberg, Janus Henderson Investors, 31. Dezember 2023. Die bisherige Wertentwicklung ist kein Indikator für die zukünftige Wertentwicklung. NIW (Nettoinventarwert): Wert der Basiswerte der SCPI abzüglich Passiven. Prämie im Verhältnis zum NIW: der Preis der REITs ist höher als ihr NIW; Abschlag im Verhältnis zum NIW: der Preis der REITs ist tiefer als ihr NIW.
In Europa werden die deutschen Wohn-REITs mit Abschlägen von rund 40% gegenüber den geschätzten Werten gehandelt, was auf den höheren Verschuldungsgrad zurückzuführen ist, für die Anleger aber eine Anlagechance darstellen dürfte.
Obwohl Gewerbe-REITs seit den Höchstständen von Anfang 2022 rund 20% an Wert verloren haben, stabilisierten sich die Bewertungen der Wohn-REITs schneller als die vieler anderen Sektoren. Grund dafür ist das Bestreben der Anleger, ihr Engagement in diesem Subsektor des REIT-Universums zu erhöhen. Ausserdem konnten sich die Preise der Immobilienanlagen in den USA, wo die Regierung Kredite fördert, aufgrund des leicht und günstig verfügbaren Fremdkapitals halten. Dass die Kreditmärkte von der Regierung unterstützt werden, hat sich gegenüber anderen Sektoren des Gewerbe-Immobilienmarkts, in denen die Fremdkapitalkosten abschreckend hoch sind, als Wettbewerbsvorteil herausgestellt. Auch die Verknappung des Angebots und die solide Situation der Wohnimmobilien, in der kritische Ereignisse ausbleiben, haben jüngst zur Stabilität der Immobilienpreise beigetragen. Schliesslich profitiert der Wohnsektor davon, dass die Anleger ihr Engagement in den schwierigeren Segmenten der Gewerbeimmobilien wie Büros und Einkaufszentren geringer Qualität, reduzieren.
Seit der Finanzkrise 2008 haben börsennotierte Wohn-REITs ihre Verschuldung verringert und sich zu Beginn des jüngsten Abwärtstrends vor allem in den USA günstig positioniert. Durch die geringere Verschuldung haben sie Zugang zu mehr und günstigerem Kapital als Privateigentümer. Die meisten Wohn-REITs sind nun Kreditnehmer mit einem Finanzrating. Einige Schuldemissionen wurden kürzlich zu 5.0%, in gewissen Fällen zu einem noch tieferen Satz begeben. Wir gehen davon aus, dass REITs den günstigen und einfacheren Zugang zu Kapital zu ihrem Vorteil nutzen, um „gute Immobilien mit ungünstigen Bilanzen“ von Privateigentümern zu erwerben. Dadurch könnte die Anlageklasse wie schon in den drei letzten Jahrzehnten weitere Marktanteile gewinnen und dadurch für ein zusätzliches Gewinnwachstum sorgen.
Die generell effizienten Kostenstrukturen der US-REITs und ihre finanziellen Möglichkeiten zur Optimierung ihrer Betriebsplattformen haben in der Vergangenheit zudem oft zu höheren Belegungsgraden, höheren realisierten Mieten und höheren Betriebsmargen geführt – auch im Vergleich zu ihren privaten Pendants. Anfang 2024 waren die Wohnungen einiger US-REITs zu rund 95% belegt und die Mietpreise wurden bei der Erneuerung der Mietverträge im einstelligen Prozentbereich erhöht. Auf kurze Sicht stellt das relativ grosse Wohnungsangebot in den USA ein Hindernis dar, die stark verlangsamte Bautätigkeit könnten hingegen mittelfristig für attraktive Wachstumsaussichten sorgen. Die REITs haben zudem ihre Instrumente verfeinert, um die Mietpreise dynamisch zu gestalten, ihr Ausstattungsangebots zu erweitern (z. B. kostengünstiges WLAN in den Gebäuden) und den Arbeitsaufwand für das Personal zu senken. 2024 und 2025 dürften diese betrieblichen Vorteile noch ausgeprägter sein und damit die Outperformance der Wohn-REITs gegenüber ihren Konkurrenten weiter erhöhen. Dank ihrer äusserst soliden Bilanzen, dem einfachen Zugang zu kostengünstigem Kapital und der sich verbessernden operativen Umsetzung sind die REITs gut aufgestellt für einen anhaltenden Aufwärtstrend.
Der börsennotierte Wohnimmobiliensektor hat gezeigt, dass er langfristig attraktive Renditen und tendenziell inflationsgebundene Erträge abwirft. Der börsennotierte Markt bietet aber breitere Anlagemöglichkeiten. Anlagen in Studentenwohnheime, Einfamilienhäuser, Seniorenresidenzen und Pflegeheime wurden alle von strukturellen, mit der demografischen Entwicklung zusammenhängenden Nachfragemotoren angetrieben. Für Anleger, welche die Auswirkungen einer Konjunkturverlangsamung im Jahr 2024 abfedern wollen, kann ein Engagement in diesen Sektoren angesichts der defensiven Wachstumsmerkmale von grossem Nutzen sein.
Quelle: 1UCAS, 2ECD, 3Green Street Advisors, 4Jefferies, FRED, NAR, REIS, Redfin, Analyse von Janus Henderson Investors, 31. Dezember 2022. Das NOI (Netto-Betriebsergebnis) ist ein Mass für die Nettorendite einer Immobilie, die Erträge abwirft, vor Finanzierungskosten und Steuern.
Wir blicken daher mit grösserer Zuversicht und der Überzeugung in die Zukunft, dass sich Wohn-REITs erneut als wertvoller Bestandteil der Anlegerportfolios erweisen, zum einen, weil sie attraktive Dividenden ausschütten können und ein grosses Wachstumspotenzial bergen, zum anderen, weil sie eine gute Diversifizierungsmöglichkeit gegenüber den anderen Anlageklassen und defensives Wachstum bieten. Ausgehend von Bewertungsniveaus, die unserer Meinung nach bereits die aktuelle wirtschaftliche Realität abbilden, könnten diese Merkmale die Anleger wie schon in der Vergangenheit mit regelmässigen Erträgen und einem Kapitalwachstum belohnen.
Bilanz: Rechnungsabschluss, der über die Vermögenswerte, Verbindlichkeiten und das Eigenkapital eines Unternehmens zu einem bestimmten Zeitpunkt informiert.
Netto-Betriebsergebnis (Netto Operating Income, NOI): Mass für die Nettorendite einer Immobilie oder eines Fonds, der Mietimmobilien hält (Summe aller Mieteinnahmen abzüglich der laufenden Betriebskosten, aber ohne Amortisierungen, Finanzaufwand und Steuern).
Nettoinventarwert (NIW): Der Gesamtwert eines Vermögenswerts abzüglich der laufenden Verbindlichkeiten und der Kapitalaufwendungen.
REITs: REITs investieren in Immobilien, entweder über den direkten Besitz von Immobilien, von Immobilienanteilen oder von Hypotheken. Da REITs an der Börse notiert sind, sind sie in der Regel sehr liquide und werden wie Aktien gehandelt.
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